Seite wählen
 

Fragmente aus der Geschichte des Klapperfelds

Das Gelände, auf dem heute das ehemalige Polizeigefängnis steht, war schon lange vor dem Bau des Gefängnisses ein Ort der Überwachung und Ausgrenzung. Bereits 1492 wurde auf dem Klapperfeld ein Haus zur Unterbringung von Pestkranken gebaut; im Jahr 1679 erfolgte der Umbau zu einem Armen-, Waisen- und Arbeitshaus.

Seit der Errichtung des Polizeigefängnisses 1886 lassen sich viele verschiedene Nutzungsphasen feststellen. Den traurigen Höhepunkt der Geschichte dieses Ortes markiert der Nationalsozialismus. In dieser Zeit diente der Bau unter anderem der Frankfurter Gestapo zur Verfolgung all jener Menschen, die nicht in das nationalsozialistische Weltbild passten. Auch nach 1945 wurde das Klapperfeld bis zu seiner Schließung 2002 weiter als Gewahrsam genutzt und spätestens ab den 1980er Jahren auch als Abschiebeknast.

Heute beherbergt das Klapperfeld die Initiative »Faites votre jeu!«, die sich der geschichtspolitischen Auseinandersetzung mit dem Gebäude angenommen hat. Diese Auseinandersetzung mit der Geschichte des ehemaligen Polizeigefängnisses ist für uns unabdingbar – ohne sie käme eine Nutzung des Gebäudes als selbstverwaltetes Zentrum für uns nicht in Frage. Ein Baustein im Bemühen um eine angemessene Auseinandersetzung ist diese Chronologie.

Mit dem im Erdgeschoss angebrachten Zeitstrahl versuchen wir die verschiedenen Epochen dieses Ortes fragmentarisch nachzuzeichnen. Verschiedene Nutzungsphasen, Veränderungen und Kontinuitäten, Reformen im Staats- und Rechtswesen und einzelne Ereignisse werden hier in zeitlicher Abfolge kurz dargestellt. Der Zeitstrahl soll einen Überblick bieten, erhebt jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Ergänzend zu den Dauerausstellungen wollen wir diesen ebenfalls kontinuierlich weiterentwickeln.

Der Zeitstrahl im Klapperfeld
Der Zeitstrahl im Klapperfeld: Im Rahmen der Ausstellungserweiterung im September 2010 wurde vom Arbeitskreis Geschichte im Flur des Erdgeschosses ein Zeitstrahl von über 12 Metern Länge angebracht. Dieser stellt den Versuch dar, die verschiedenen Epochen dieses Ortes fragmentarisch nachzuzeichnen. Die Chronologie soll allen Besucher*innen die Möglichkeit geben, sich einen Überblick über die Historie des ehemaligen Polizeigefängnisses zu verschaffen.

1492: Haus zur Einsperrung von Pestkranken auf dem Klapperfeld

Im Jahr 1492 wurde auf dem Klapperfeld ein Haus zur Unterbringung von Pestkranken gegründet. Die Einrichtung solcher Anstalten markierte eine bedeutende Veränderung der Sozial- und Ordnungspolitik in den europäischen Städten zu Beginn des frühen Kapitalismus. Im Mittelalter wurden Opfer von Seuchen vertrieben und außerhalb der Stadt eingesperrt. Nun wurden sie innerhalb der Stadtmauern separiert und überwacht.

1679: Bau eines Waisen-, Armen- und ArbeitshausES auf dem Klapperfeld

Das seit dem 15. Jahrhundert auf dem Klapperfeld bestehende Pestilenzhaus wurde im Jahr 1679 zu einem Armen-, Waisen- und Arbeitshaus umgebaut. Betrieben von einer privaten Stiftung, ­finanzierte es sich unter anderem durch die Ausbeutung der Arbeitskraft der darin untergebrachten Armen und Waisenkinder. Das Arbeitshaus wurde von den Exekutivgewalten der Stadt bald auch als Zuchthaus genutzt. Sogenannte Bettelvögte – die Polizei der damaligen Zeit – griffen Menschen, die keiner geregelten Beschäftigung nachgingen, auf der Straße auf und verbrachten sie ins Arbeitshaus, wo sie interniert und unter Androhung von Gewalt zur Arbeit gezwungen wurden. Das Haus bestand bis Anfang des 19. Jahrhunderts.

19. Jh.: Bau eines Gefängnisses auf dem Klapperfeld

Anfang des 19. Jahrhunderts plante die damals noch freie Reichsstadt Frankfurt am Main auf dem Klapperfeld den Bau eines großen Gefängnisses. Mit der Neuordnung der städtischen Verwaltung im Zuge der Annexion Frankfurts durch Preußen im Jahr 1866 und der städtebaulichen Erweiterung in dieser Zeit wurde dieser Plan jedoch zunächst nicht umgesetzt.

1866: Frankfurt wird preußisch

Im Zuge des preußisch-österreichischen Krieges besetzten preußische Truppen am 16. Juli 1866 Frankfurt ohne militärische Auseinandersetzungen. Frankfurt hatte sich zu Beginn des kriegerischen Konfliktes innerhalb des deutschen Bundes zwar auf die Seite ­Österreichs gestellt, sich aber nicht am Krieg beteiligt und sich zur »offenen Stadt« erklärt. Diese Neutralität fand jedoch keine Anerkennung von preußischer Seite. Da Frankfurt als feindlicher Staat angesehen wurde, kamen kriegsrechtliche Maßnamen von Seiten Preußens zum Tragen.

Dies bedeutete zunächst die Unterstellung der Frankfurter Regierungsorgane unter militärische Führung. Am 3. Oktober erfolgte dann die offizielle Inbesitznahme durch ein ­Patent des preußischen Königs und am 1. Oktober 1867 die Einführung der preußischen Verfassung. Die Einverleibung in den Staat Preußen zog eine Umbildung der städtischen Organe gemäß der preußischen Städteordnung nach sich. Des Weiteren wurde ein Polizei­präsident eingesetzt, unter dessen Leitung der Aufbau eines Polizeiapparats nach preußischem Muster in Frankfurt begann.

1886: Das Polizeigefängnis auf dem Klapperfeld wird gebaut

20 Jahre nach der Annexion Frankfurts durch Preußen und 15 Jahre nach der Reichsgründung wurde das Polizeigefängis auf dem Klapperfeld gebaut. Bevor der Bau zusammen mit dem Polizei­präsidium 1886 fertig gestellt wurde, hatte es langwierige Verhandlungen über einen möglichen Bauplatz gegeben. Bis zur Inbetriebnahme der Gebäude auf dem Klapperfeld waren die Konstablerwache und der Clesernhof an der Karpfengasse als Polizeigefängnis und Polizeipräsidium genutzt worden. Diese hatten sich aber als zu klein für die Ansprüche des Frankfurter Polizeiapparates erwiesen, welcher seit den 1870er Jahren ausgebaut worden war.

1914: Umzug des Polizeipräsidiums

Seit dem Bau des Polizeipräsidiums und des Polizeigefängnisses wurden die polizeilichen Befugnisse immer wieder erweitert und der Apparat weiter ausgebaut. Am Hohenzollernplatz (heute: Platz der Republik) in der Nähe des Hauptbahnhofs entstand ein neues, größeres Polizeipräsidium, das 1914 bezogen wurde. Das ehemalige Präsidium neben dem Klapperfeld ging in den Besitz des Oberlandes­gerichts über. Das Polizeigefängnis Klapperfeld wurde jedoch, neben den zusätzlichen Zellen im neuen Präsidium im Bahnhofsviertel, weiterhin genutzt.

1916: Verschärfung der Polizeihaft im Zuge des ersten Weltkrieges

Am 4. Dezember 1916 erließ Kaiser Wilhelm ein »Gesetz betreffend die Verhaftung und Aufenthaltsbeschränkung auf Grund des Kriegszustandes und des Belagerungszustandes«. Damit wurden die rechtlichen Grundlagen, auf deren Basis Menschen im Kaiserreich im Klapperfeld inhaftiert wurden, formalisiert und zugleich verschärft. Das Gesetz regelte die Verhängung der sogenannten »Schutzhaft«.

Während des Krieges wurde das Gesetz vor allem zur Niederschlagung von Demonstrationen und Streiks angewendet. Es blieb auch in der Weimarer Republik in Kraft. Vor allem im Jahr 1919 diente es zur Verfolgung von Separatist*innen, Spartakist*innen und Kommunist*innen.

Die Nationalsozialist*innen übernahmen später dieses Gesetz und setzten die »Schutzhaft« zur Verfolgung politischer Gegner*innen ein.

1933: Machtantritt der NSDAP

Bei der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932 erhielt die NSDAP (Natio­nalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) über 37 Prozent aller Stimmen, was sie zur größten Fraktion im Reichstag machte. Große Teile der Wählerschaft hatten so der parlamentarischen Demokratie eine klare Absage erteilt.

Die Sturmabteilung (SA) lieferte sich blutige Kämpfe mit der SPD und der KPD. Saal- und Straßenschlachten standen auf der Tagesordnung. Der Widerstand gegen die Nationalsozialist*innen wuchs. Dennoch wurde Adolf Hitler am 30. Januar 1933 auf Geheiß von Hindenburg und von Papen zum Reichskanzler ernannt. Das Ende der Weimarer Republik war besiegelt. Im März 1933 verschaffte das Ermächtigungsgesetz Hitler beinahe gänzliche staat­liche Vollmacht. Dieses Gesetz stellte die Grundlage für die ­folgende Gleichschaltung aller Lebensbereiche dar. Ziel war es, jede Art von Pluralismus in Staat und Gesellschaft aufzuheben und durch einheitliche, der nationalsozialistischen Ideologie treue Organisationen zu ersetzen.

1937: »Vorbeugende Verbrechensbekämpfung«

Am 14. Dezember 1937 gab das Reichsministerium des Inneren einen Erlass über »Vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch die Polizei« heraus. Diesem zufolge konnte die Polizei alle im Sinne der NS-Ideologie als »gemeinschaftsfremd« klassifizierten Menschen nicht nur überwachen, sondern sie auch sofort in Haft nehmen oder in ein Konzentrationslager deportieren.

1938: Novemberpogrome

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 fanden reichsweit die von den Nationalsozialist*innen und Unterstützer*innen organisierten Novemberpogrome statt. Jüdische Geschäfte, Wohnungen und fast alle Synagogen wurden geplündert und zerstört, zahllose Jüdinnen und Juden wurden misshandelt und gefoltert. 91 Menschen wurden dabei ermordet, etwa 30.000 wurden verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Auch das Klapperfeld diente als Ort zur Inhaftierung.

In Frankfurt wurden die Synagogen in der Börnestraße, am Börne­platz, in Höchst und an der Friedberger Anlage völlig niedergebrannt. Die Westend-Synagoge brannte im Innern aus, blieb aber äußerlich erhalten. Bei zwei weiteren Synagogen wurde die Inneneinrichtung zerstört.

1939: Vereinigung von Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst

1939 wurde die Sicherheitspolizei mit dem Sicherheitsdienst im Reichssicherheitshauptamt vereinigt. Durch diesen Zusammenschluss war zwischen der Tätigkeit von Kriminalpolizei und Gestapo kaum mehr zu unterscheiden.

Beide Polizeien ermittelten selbstständig, folgten einzig den Weisungen der Polizeiführung und legten der Staatsanwaltschaft nur die Fälle vor, die von der Polizeiführung zur Verfügung freigegeben wurden. Diese Vereinigung erleichterte auch den Gestapo-­Beamten im Klapperfeld ihre ›Arbeit‹.

1940er: Die »Judenabteilung« im Klapperfeld

Im obersten Stockwerk des Polizeigefängnisses befand sich die ­eigens eingerichtete so genannte »Judenabteilung«. Diese zeichnete sich durch besonders miserable Haftbedingungen aus und unterstand unmittelbar der Gestapo.

Die Inhaftierten wurden in einem großen Raum in Käfige gesperrt. Es war gerade mal so viel Platz, dass der Länge nach eine und der Breite nach zwei Pritschen hineingepasst hätten. Sie waren durch Gittertüren verschlossen, sodass die jeweils gegenüberliegenden Verschläge gegenseitig einsehbar waren. Die Eingesperrten blieben hier oft mehrere Monate ohne Beschäftigung und ohne die Möglichkeit sich zu bewegen. Kurze Hofgänge bildeten die Aus­nahme. Dabei hatten sie kaum Licht, denn die Fenster waren mit blauer Farbe verdunkelt. Bei Überfüllung wurden zwei Menschen gemeinsam in einen Käfig gesperrt.

1942: Dramatische Zuspitzung der Haftbedingungen im Klapperfeld

Vor allem für die Jahre 1942 bis 1945 weisen diverse Quellen auf besonders dramatische Zustände hin. Das Gefängnis war offenbar ständig überfüllt, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass Häftlinge aus anderen Städten für einige Zeit dort untergebracht wurden, ehe sie weitertransportiert wurden.
Ein Gefängnisarzt beschreibt die Situation in einem Bericht vom Januar 1944 als so dramatisch, dass er selbst die kurzzeitige Begehung als eine Zumutung empfindet und schließlich droht, seiner Beschäftigung dort nicht mehr nachzugehen, wenn keine Änderung eintritt.

Die Zellen waren zu dieser Zeit hoffnungslos überfüllt, aus den ­Kübeln, die es anstelle von Toiletten gab, zog ein unerträglicher Gestank durch das ganze Haus, das Ungeziefer tummelte sich und viele der Häftlinge trugen nichts als Lumpen.

1945: Befreiung von Frankfurt am Main

Am 29. März 1945 befreiten die US-amerikanischen Truppen Frankfurt am Main. Frankfurt gehörte fortan zur amerikanischen Zone. Die Stadt wurde von der amerikanischen Militärregierung verwaltet. Auch das Polizeigefängnis Klapperfeld wurde von der US‑Militär­regierung übernommen, um Nazis und straffällig gewordene Menschen zu inhaftieren.

Im April 1945 befanden sich 460 Häftlinge im Polizeigefängnis Klapperfeld, darunter 440 politische. Im Mai 1945 waren 615 Menschen im Klapperfeld inhaftiert, 533 Männer und 82 Frauen. Der Anteil der politischen Häftlinge ist bisher noch nicht bekannt.

Im September 1945 beschloss die amerikanische Militärregierung, die staatlichen Gefängnisse nach einer vollständigen Entnazifizierung der verschiedenen Städte unter eine eigene verwaltungsmäßige Leitung zu stellen. Die Wachmannschaften sollten einheitliche Uniformen bekommen und bewaffnet werden.

ab 1945: Nutzung des Klapperfelds als »Jugendgewahrsam«

Nachdem das Klapperfeld durch die amerikanische Militärregierung unter eine eigene verwaltungsmäßige Leitung gestellt worden war, wurde es auch zur Inhaftierung so genannter »entwichener Fürsorgezöglinge« zwischen 14 und 18 Jahren genutzt.

Die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und der Abteilung »Heimatlose Jugend« des Frankfurter Jugendamtes brachte männliche Ausreißer grundsätzlich in Haft, wohingegen Ausreißerinnen nur bei »renitentem« Verhalten in Gewahrsam genommen wurden. Laut Jugendamt sollten die Jugendlichen nicht länger als drei Tage inhaftiert werden, historische Dokumente zeigen jedoch Gegen­teiliges. Aus Akten des Frankfurter Jugendamtes geht zum Beispiel der Fall des am 26. April 1934 geborenen Udo Manfred S. hervor, der vom 30. März bis zum 15. Mai 1950 inhaftiert war. Der letzte Verweis auf die Ingewahrsamnahme von Kindern und Jugendlichen im Polizeigefängnis findet sich in einem Aktenvermerk aus dem Jahre 1961.

1960er: Hohe Zahlen von Verhaftungen in Folge von Demonstrationen

Bereits ab Mitte der 1940er Jahre wurden Menschen bei oder nach Demonstrationen im Klapperfeld inhaftiert. Im Laufe der Jahre gewann das Polizeigefängnis für den staatlichen Repressionsapparat zunehmend an Bedeutung.

Unter anderem während der Studierendenproteste der 1960/70er Jahre wurden zum Teil hunderte Menschen im Klapperfeld inhaftiert. Auch in den folgenden Jahrzehnten wurden im Polizeigefängnis zahlreiche Demonstrant*innen in Gewahrsam genommen, beispielsweise während der Proteste gegen die Startbahn West.

1980er: Abschiebehaft im Klapperfeld

Spätestens ab den 1980er Jahren wurde das Klapperfeld nicht mehr nur als Gewahrsam genutzt, sondern verstärkt auch als Abschiebeknast. Die durch den Staat illegalisierten Personen waren jedoch nicht ›nur‹ mehrere Stunden oder wenige Tage im Klapperfeld inhaftiert, sondern mitunter wesentlich länger. Sie mussten ihre Zeit unter miserablen Bedingungen in viel zu kleinen und dunklen Zellen verbringen – mit der Aussicht, irgendwann abgeschoben zu werden, was den Weg in Armut, Verfolgung, Folter, Krieg oder gar den Tod bedeuten konnte.

1985: Proteste nach dem Tod von Günter Sare

Im Zusammenhang mit Demonstrationen nach dem Tod von ­Günter Sare, der am 28. September 1985 bei Protesten gegen eine NPD-Veranstaltung im Gallus von einem Wasserwerfer überrollt und getötet wurde, waren zeitweise mehrere hundert Demonstrant*innen im Klapperfeld inhaftiert.

Die Polizei verlor an einem Tag die Kontrolle über die Inhaftierten und es gelang einer Gruppe von Menschen in einer Sammelzelle im 2. Stock Bänke aus der Wand zu brechen und mit diesen ein Loch in die Außenwand des Gefängnisses zu schlagen. Mit einem Wasserwerfer beschoss die Polizei von außen das Gefängnis mit Wasser und Tränengas. Mehrere Inhaftierte wurden verletzt, mussten sich übergeben und litten an extremen Hautreizungen.

1993: Misshandlungen nach Demo für die Opfer von NEONazis in Solingen

Am 29. Mai 1993 kam es – in der Folge des Brandanschlages auf das Haus der türkischen Familie Genç in Solingen, bei dem fünf Menschen zwischen 4 und 27 Jahren von Neonazis ermordet worden waren – zu einer spontanen Gedenkdemonstration in Frankfurt. 63 Teilnehmer*innen wurden verhaftet und bereits bei den Festnahmen verprügelt und misshandelt.

Übereinstimmend berichteten die Gefangenen, dass auch bereits mit Handfesseln fixierte Menschen von der Polizei in den Gefangenentransporter geprügelt worden waren. Im Klapperfeld angekommen, wurden sie entwürdigenden Anal- und Genitaluntersuchungen ausgesetzt und weibliche Gefangene zum Teil nackt verhört. Immer wieder wurden sie dabei geschlagen, getreten, gewürgt, verhöhnt und beleidigt. Nach Berichten von damals Inhaftierten wurden besonders die Migrant*innen unter ihnen Opfer dieser ›Sonderbehandlung‹ durch die deutsche Polizei.

2001: Inhaftierung von Gegner*innen eines NEONazi-aufmarschs

Zur letzten größeren Inhaftierung im Rahmen einer Demonstration kam es am 1. Mai 2001, als in Frankfurt mehrere tausend Menschen erfolgreich einen Neonazi-Aufmarsch verhinderten. 110 Nazigegner*innen wurden an diesem Tag in Gewahrsam genommen, der überwiegende Teil im Klapperfeld.

2002: Schließung des Klapperfelds nach über 115 Jahren

Ende der 1950er Jahre war bereits zum ersten Mal über eine Schließung des Klapperfelds nachgedacht worden, da selbst von offizieller Seite anerkannt wurde, dass die Haftbedingungen nicht den Mindestanforderungen entsprachen. Doch die miserablen und unhygienischen Zustände hielten noch Jahrzehnte an – und dies in Anbetracht der Tatsache, dass Haft, Gefangenschaft und jede ­andere Form von Freiheitsentzug an sich immer eine Entwürdigung und Entmenschlichung der Inhaftierten zur Folge haben.

Zuletzt bemängelte ein Bericht des »Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT)« vom Dezember 2000 die Haftbedingungen im Polizeigefängnis in der Klapperfeldstraße.

Ursprünglich für das Jahr 2001 angekündigt, erfolgte die Schließung des Klapperfelds letztlich offiziell im Jahr 2002 nach der Fertigstellung des neuen Polizeipräsidiums an der Adickesallee.

2009: »Faites votre jeu!« zieht ins Klapperfeld

Im August 2008 besetzte die Initiative »Faites votre jeu!« ein ehemaliges Jugendzentrum in Bockenheim. Anfang des Jahres 2009 drohte die Stadt Frankfurt mit der Räumung des Gebäudes. Nach langen Verhandlungen wurde ein Ersatzobjekt angeboten: das ehemalige Polizeigefängnis Klapperfeld.

Eine Nutzung des Klapperfelds ohne eine Auseinandersetzung mit der Geschichte zu führen, war für die Initiative ausgeschlossen, und so begannen noch während den Verhandlungen die ersten Recherchen zur Geschichte.

Ende April 2009 zog die Initiative »Faites votre jeu!« ins Klapperfeld und begann mit den Renovierungs- und Umbauarbeiten. Im Rahmen der ersten öffentlichen Veranstaltung im Juli 2009 präsentierte der aus der Initiative heraus entstandene Arbeitskreis zur Geschichte des Klapperfelds die vorläufigen Ergebnisse seiner Arbeit.

2009: Eröffnung des ersten Teils der Dauerausstellung

Im August 2009 eröffnete der erste Teil der Dauerausstellung zur Geschichte des Polizeigefängnisses Klapperfeld mit großem Medienecho.

Im Laufe der folgenden zwölf Monate entwickelte sich das Klapperfeld zu einem wichtigen Zentrum für viele Menschen. Seither werden die Räume für kritische politische, künstlerische und kulturelle Arbeit genutzt. Das Programm ist vielfältig und so besuchen Menschen diverser Altersgruppen das ehemalige Polizeigefängnis. Selbstverwaltet und unkommerziell organisiert finden verschiedenste Veranstaltungen statt: von Zeitzeug*innengesprächen, Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen über Ausstellungen, Lesungen und Theateraufführungen bis hin zu Barabenden und Konzerten.

2010: Erweiterung der Dauerausstellung

Im September 2010 wurde die Erweiterung der Dauerausstellung zur Geschichte des Klapperfelds eröffnet: Den Kern stellt weiterhin die Rolle des Polizeigefängnisses während des Nationalsozialismus dar. Neu entstandene Ausstellungsteile richten den Blick zudem auf die Entstehung des Klapperfelds im 19. Jahrhundert, die Funktion des Gefängnisses in der Weimarer Republik und die Nutzung des Klapperfelds durch die US-Army während der Entnazifizierung.

Parallel dazu eröffnete für sechs Wochen auch die Wanderausstellung »Frauen im Konzentrationslager 1933 – 1945. Moringen – Lichtenburg – Ravensbrück«. In diese Lager wurden auch im Klapperfeld inhaftierte Frauen gebracht. Die vom Studienkreis Deutscher Widerstand und der Lagergemeinschaft Ravensbrück konzipierte Ausstellung zeichnet die Biografien von Frauen nach, die in Konzen­trationslagern inhaftiert waren, und legt einen besonderen Schwerpunkt auf den Widerstand der Gefangenen.

2015: Raus von hier – Inschriften von Gefangenen in Abschiebehaft

Mittlerweile ist »Faites votre jeu!« seit sechs Jahren im Klapperfeld und das autonome Zentrum wird immer noch vielfältig genutzt. Auch die Auseinandersetzung mit der Knast-Geschichte geht weiter und so eröffnete im Januar 2015 die Ausstellung »Raus von hier – Inschriften von Gefangenen in Abschiebehaft und Polizeigewahrsam im Klapperfeld 1955–2002«.

Der zweite Stock wird seitdem regelmäßig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dort befinden sich 16 Einzel- und 2 Sammel­zellen, in denen in den letzten Jahrzehnten der Nutzung überwiegend Abschiebegefangene inhaftiert waren. Auf Türen, Wänden, Tischen und Stühlen sind Inschriften in mehr als 30 Sprachen zu entdecken, welche die Inhaftierten hier hinterlassen haben. Den Besucher*innen stehen Broschüren mit über 1.000 Übersetzungen zur ­Verfügung, die seit Anfang 2013 von zahlreichen Helfer*innen zusammengetragen wurden. Eine Audioinstallation bietet einen akustischen Zugang und in einem Raum finden sich Hintergrundinformationen zur Abschiebehaft im Klapperfeld und im Allgemeinen.