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Toilettenanlagen im Klapperfeld

»Auch in diesem Punkt hat sich die Baukunde bemüht alle im Interesse eines Zellengefangen zu hegenden Wünsche möglichst zu erfüllen.«

Die Architektur von Haftanstalten ist stets Bestandteil der Repression, die an den Gefangenen vollzogenen wird. Das betrifft auch vermeintlich ganz banale Dinge, wie die Verlegung von Wasserleitungen und den Zugang zu Toiletten.

In den meisten Haftzellen im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld gibt es weder fließendes Wasser noch Toilettenanlagen. Das hat weniger mit dem Alter des Gebäudes zu tun. Schon ein halbes Jahrhundert vor dem Bau des ehemaligen Polizeigefängnisses gehört der Einbau von Spülvorrichtungen und Wasserleitungen in den englischen Gefängnisneubauten zum Standard. Diese sind zunächst auch Vorbild für die im 19. Jahrhundert auf dem Klapperfeld geplanten Gefängnisbauten.

Eine andere Einstellung gegenüber Toilettenanlagen in Gefängnissen findet sich im Bericht der Kommission des Frankfurter Bauamtes aus dem Jahr 1861:

»Seit der Einführung der Einzelhaft, wobei man den Gefangenen jede Gemeinschaft mit anderen abschneiden, ihnen alles zur Nahrung, Arbeit oder zu sonstigen Verrichtungen Nöthige in der Zelle selbst jederzeit zu bequemer Verfügung gestellt wissen wollte, wurden auch die stehenden Abtritte eingeführt…«

Gegen die vermeintliche Bequemlichkeit der Gefangenen durch die Nutzung von Toiletten wird dann jedoch eingewandt:

»Sie dienen dem Gefangenen zur Entfernung vieler Gegenstände, deren Beseitigung ihm wünschenswerth erscheinen mag. Auch böser Wille führt nicht selten dazu, dass sie mit Arbeitstoffen, Abfall der Arbeit u. f. m. Verstopft und beschädigt werden, während die leichte Besichtigung des Inhalts der tragbaren Nachttöpfe in medizinischer wie hauspolizeilicher Beziehung häufig von Werth sein mag.«

Die Einsperrung der Gefangenen reichte offenbar nicht mehr aus. Das Verhalten der Gefangenen, das durch die Inhaftierung erzwungen werden sollte, wird schon in der Einrichtung der Räume vorausberechnet. Über die Kontrolle der Nachttöpfe sollen die Lebensgewohnheiten der Gefangenen unbemerkt analysiert werden. Zudem wurden Spültoiletten als zu teuer und für den Gefängnisbetrieb ineffizient angesehen:

»Sie verlangen … einen so großen Wasserverbrauch und dadurch so starke Verdünnung der menschlichen Ausleerungen, daß diese ihren Werth als Dünger verlieren.«

Die Fäkalien der Gefangenen sollten nicht in das städtische Abwassersystem geleitet werden, sondern innerhalb des Gefängnisses aufgefangen, in Fässer abgefüllt und verkauft werden.

Das Polizeigefängnis Klapperfeld wurde dagegen an die städtische Kanalisation angeschlossen. Dennoch spiegelt der Bau und die Inneneinrichtung von Hafträumen im Klapperfeld nicht einmal den Stand der technischen Möglichkeiten im 19. Jahrhundert wieder. Die Entbehrungen, welche den Gefangenen in der Zelle aufgezwungen werden, waren Bestandteil der an den Gefangenen vollzogenen Ordnung.

Quelle: Stadtarchiv Frankfurt am Main; Impressen, Signatur 143 Ausschreibung einer ‚Concurrenz‘ zur Einreichung von Bau­plänen für ein neues Strafgefängnis zu Frankfurt am Main, 1861, 6. Bemerkungen über einige Einzelheiten des Baus des Zellen­strafhauses bei Frankfurt a/M (S. 29ff.)