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Gleichschaltung

Mit dem Begriff der Gleichschaltung wird der Prozess der Vereinheitlichung des gesamten politischen, gesellschaftlichen und privaten Lebens in Nazi-Deutschland bezeichnet. Dieser Prozess begann nach dem Machtantritt durch die Nationalsozialist_innen 1933 und war 1934 größtenteils abgeschlossen. Ziel war es, jede Art von Pluralismus in Staat und Gesellschaft aufzuheben und durch einheitliche, der nationalsozialistischen Ideologie treue Organisationen zu ersetzen.

Versorgungsbogen des ehemaligen Polizei-Obermeister Wilhelm Voigt – Seite 1
Versorgungsbogen des ehemaligen Polizei-Obermeister Wilhelm Voigt – Seite 2
Versorgungsbogen des ehemaligen Polizei-Obermeister Wilhelm Voigt: Im Rahmen der »Gleichschaltung« der Frankfurter Polizei wurden er und alle anderen Polizisten, die im Verdacht standen, nicht die nationalsozialistische Ideologie zu vertreten, entlassen. Der Versorgungsbogen gibt Auskunft über die Begründung der Entlassung. So wurde Wilhelm Voigt seine Mitgliedschaft in der SPD vorgeworfen. Er gelte als »marxistisch eingestellt« und sei »im nationalen Sinne unzuverlässig«. Sein Dienst endete am 31. August 1933 ohne Pensionsansprüche. (Quelle: Hessisches Hauptstaatsarchiv)

Die entscheidende Voraussetzung für die Maßnahmen war das Ermächtigungsgesetz vom März 1933, das Hitler im gesetzlichen und vertraglichen Bereich Vollmachten verschaffte.

Ausgangspunkt für den Gleichschaltungsprozess auf der Landesverwaltungsebene waren die zwei Gleichschaltungsgesetze vom März 1933 und vom April 1933, mit denen die Länder ihrer relativen Souveränität enthoben wurden. Die Landesparlamente wurden aufgelöst. An die Stelle der Landesregierungen traten die NS-Reichsstatthalter. Sie kontrollierten die weitere Umsetzung der »Gesetze über den Neuaufbau des Reiches«.

Der Abschluss der »Gleichschaltung der Länder« wird allgemein auf den Februar 1934 mit der Auflösung des Reichsrates und der Übernahme der Landesjustizverwaltungen datiert. Legalisiert wurde dieser Prozess dann im Nachhinein über die Reichstagsbrandverordnung. Die Reichsregierung übernahm die legislativen, exekutiven und judikativen Kompetenzen, die zuvor bei den einzelnen Ländern des Deutschen Reiches gelegen hatten.

Im März 1933 begann ebenfalls die schrittweise »Gleichschaltung von Partei und Staat«. Zuerst wurde die KPD verboten, im Juni 1933 folgte das Verbot der SPD. Die Mitglieder beider Parteien wurden Opfer von Massenverhaftungen. Nachdem sich die bürgerlichen Parteien selbst aufgelöst hatten und im Juli die Neubildung von Parteien verboten worden war, wurde Deutschland mit der gesetzlichen Erhebung der NSDAP zur Staatspartei im Dezember 1933 auch formal zum Einparteienstaat.

Die NSDAP wurde zur Körperschaft öffentlichen Rechts erklärt. Auf diesem Weg wurden die Ämter des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers zu einem Amt verschmolzen. Dies vollendete die Wandlung des Deutschen Reiches zum »Führerstaat«.

Zur Gleichschaltung gehörte auch die gesellschaftliche Ebene: Alle Gewerkschaften, Vereine und Organisationen wurden aufgelöst und an ihre Stelle traten einheitlich organisierte NS-Institutionen wie zum Beispiel die Deutsche Arbeitsfront und die Hitlerjugend. 1936 folgte die gesetzlich geregelte Pflichtmitgliedschaft in den nationalsozialistischen Jugendorganisationen.

Auf die Gleichschaltung reagierten die betroffenen Vereine und Organisationen oftmals mit einer nachgiebigen Position. Einer Auflösung durch die Überführung in eine NS-Organisation konnte kein Verein und keine andere Organisation entgehen. Die, die sich nicht anpassten oder beugten, gingen in den Untergrund oder in den Widerstand.

Der Begriff der Gleichschaltung, so treffend er auch scheinen mag, entstammt der nationalsozialistischen Terminologie. Bei der Verwendung des Begriffes sollte dies immer mitbedacht werden.