Seite wählen
 

Die Frankfurter Geheime Staatspolizei

Die Geheime Staatspolizei, kurz Gestapo, gilt als eines der wichtigsten Herrschaftsinstrumente des Nationalsozialismus. Entstanden ist sie im Jahre 1933 im Zuge des Machtantritts der Nationalsozialist_innen. Sie ging aus der Umstrukturierung der politischen Polizei der Weimarer Republik durch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) hervor. Wesentliche Aufgaben der Gestapo waren die Überwachung der Gesellschaft und die Verfolgung der Gegner_innen des NS-Regimes. Damit wurden aus politischen Gründen u. a. Kommunist_innen und Sozialdemokrat_innen und aus rassistischen Gründen insbesondere Jüdinnen und Juden von ihr verfolgt. Auch arbeitete die Gestapo eng mit der Reichskriminalpolizei zusammen und verfolgte Sinti und Roma, Homosexuelle und sogenannte »Asoziale«.

Die Frankfurter Gestapo überwachte, verfolgte und registrierte somit die tatsächlichen und vermuteten Gegner_innen des NS-Regimes und diejenigen, die als nicht der »Volksgemeinschaft« zugehörig eingestuft waren. Die Überwachung der Zwangsarbeiter_innen zählte besonders während des Zweiten Weltkrieges zu den Aufgaben der Gestapo. Misshandlungen, Erschießungen und Erhängungen waren an der Tagesordnung. Die Einweisung in Konzentrationslager konnte ebenso durch die Gestapo-Beamten selbst angeordnet werden.

Die Zentrale der Gestapo war das Geheime Staatspolizeiamt (Gestapa) bzw. ab 1939 das »Reichssicherheitshauptamt« in Berlin, dem die Staatspolizeistellen untergeordnet waren. Die Struktur der Gestapo bestand im Jahre 1933 zunächst aus drei Dezernaten: 1) Abwehr, 2) Außendienst und 3) Sonderaufträge, Sofortsachen, Registratur und Kanzlei. Ab 1937 bestand die Gestapo dann aus drei Abteilungen mit insgesamt 15 Referaten und 35 Sachgebieten. Die Aufgabenverteilung wurde ausdifferenziert. Zu den Abteilungen und Unterabteilungen gehörten u.a.: die Zentralbehörde, Schriftverkehr und Verwaltung, Personalangelegenheiten und Abteilungen, welche u. a. mit der Überwachung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden, politischen Gegner_innen, religiösen Institutionen, Sport-, Jugend- und Gesellschaftsvereinen, Homosexuellen, Emigrant_innen im Ausland, Sinti und Roma und der Überwachung der Wirtschaft beauftragt waren. Auch wurde unpolitische Kriminalität verfolgt sowie die öffentliche Meinung, Presse, Kunst, Kultur, Wissenschaft und Erziehung von der Gestapo durch einzelne Abteilungen überwacht.

Zum Wirkungsbereich der Frankfurter Gestapo gehörten der Bezirk Fulda/Werra und Wiesbaden. Um die Überwachung der Gesellschaft innerhalb dieses Gebietes in die Tat umsetzen zu können, arbeitete die Gestapo mit Spitzeln und V-Leuten zusammen. Damit die Spitzel und V-Leute Kontakt zur Gestapo aufnehmen konnten, befand sich im Hauptpostamt auf der Zeil ein geheimes Postfach. Dort konnte jede_r geheime Mitarbeiter_in monatlich seinen/ihren Bericht hinterlegen. Die große Zahl der in diesen Berichten erfolgten Denunziationen ermöglichte es der Gestapo, unzählige Menschen in Konzentrationslagern und »Arbeitserziehungslagern« zu inhaftieren oder sie gleich hinzurichten.

Dienststellen, Haftstätten und Lager der Frankfurter Gestapo

Um die Überwachung organisieren zu können, befanden sich im Jahre 1936 die Diensträume der Frankfurter Gestapo im allgemeinen Polizeigebäude. Im Zuge des organisatorischen und personellen Ausbaus bezog die Gestapo am 20. Juli 1936 eigene Diensträume im Gebäude Bürgerstraße 22 (heute: Wilhelm-Leuschner-Straße). Mit diesem Umzug und der Trennung der Diensträume der Gestapo und des allgemeinen Polizeiapparates wurde die Abspaltung der Gestapo von der Polizeibehörde in die Praxis umgesetzt.

Parallel zu dieser Entwicklung verlief der personelle und organisatorische Ausbau der Frankfurter Gestapo. Mitglieder, die nicht in vollen Zügen mit der NSDAP konform waren, wurden entlassen. Anstelle ihrer wurden Personen aus der Schutzstaffel (SS) und der Sturmabteilung (SA) eingestellt. Ab dem 1. April 1941 befand sich die Frankfurter Gestapo-Zentrale in der Lindenstraße 27. Dort wurden rund 140 Bedienstete beschäftigt. Im dortigen Keller waren 3 Haftzellen. Allerdings wurden die Häftlinge der Gestapo in der Regel nicht längere Zeit in diesem Gebäude festgehalten. Meist wurden die Häftlinge zu Verhören in die Lindenstraße gebracht. Inhaftiert wurden sie dann zunächst im hiesigen Polizeigefängnis in der Klapperfeldstraße, in der Untersuchungshaftanstalt in der Hammelsgasse und in dem Strafgefängnis in Preungesheim. Da die Anzahl der zur Haft Verurteilten stetig stieg, wurden weitere Haftstätten geschaffen. In Bockenheim (Rödelheimer Straße 10/12) wurde ab März 1942 ein sogenanntes Notgefängnis für mehr als 160 Gefangene eröffnet. Ein weiteres solches Gefängnis, in dem mehr als 300 Gefangene inhaftiert werden konnten, gab es seit November 1942 in der Gutleutstraße 13.

In Bezug auf die Überwachung, Inhaftierung und Folterung bis hin zur Ermordung war die Frankfurter Gestapo für ihre besonders ausgeprägte Brutalität bekannt. Insbesondere bei der Deportation von rund 10.000 Frankfurter Jüdinnen und Juden, aber auch bei der Verfolgung von Antifaschist_innen ging die Gestapo weit über die Weisungen der Gestapo-Zentrale in Berlin hinaus. Personen, die Kontakt zu Kriegsgefangenen und verschleppten osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen hatten, wurden in sogenannte »Arbeitserziehungslager« eingewiesen. Dass Häftlinge dort ausgepeitscht und ermordet wurden, war keine Seltenheit. Als weiteres Beispiel für die Brutalität der Frankfurter Gestapo sei der Bau eines zerlegbaren und transportablen Galgens genannt, mit welchem sie, um effizienter töten zu können, ganz Hessen durchfuhr und Menschen auf brutalste Weise erhängte.

Im Jahre 1940 übernahm die Frankfurter Gestapo weitere Aufgaben innerhalb des NS-Herrschaftsapparates. Dazu zählte unter anderem die Eröffnung und Organisation des »Arbeitserziehungslagers« für männliche Häftlinge in Heddernheim, welches am 1. April 1942 eröffnet wurde. Hier wurden vorwiegend sogenannte ausländische »Zivilarbeiter« gefangen gehalten, denen »Arbeitsbummelei« und »Arbeitsverweigerung« vorgeworfen wurde. Ab 1943 wurde es auch als erweitertes Polizeigefängnis genutzt sowie als Durchgangslager für u. a. jüdische Häftlinge, die von dort deportiert wurden. Das Lager wurde damals auch als KZ Rhein-Main bezeichnet, da es als Hinrichtungsstätte der Gestapo bekannt war. Frauen wurden anfangs im »Arbeitserziehungslager« Watenstedt bei Salzgitter inhaftiert. Am 1. August 1944 jedoch errichtete die Frankfurter Gestapo ein eigenes Lager in der Nähe von Hirzenhain im Vogelsberg, welches sogleich die Bezeichnung »Erweitertes Polizeigefängnis für Frauen« erhielt.

Die Frankfurter Gestapo war ebenso an weiteren Stellen außerhalb des Stadtgebietes tätig, so zum Beispiel bei der Bewachung von Kriegsgefangenen in der Nähe von Rüdesheim, bei der Durchführung von Verhören in einem Kriegsgefangenenlager in Oberursel, bei der Deportation sowjetischer Kriegsgefangener von Limburg in das KZ Buchenwald und bei der Sicherung des Führerhauptquartiers in der Nähe von Usingen. Im Jahre 1941 wurde die Frankfurter Gestapo durch zwei Referate erweitert: die Druckschriftprüfstelle in der Herderschule an der Wittelsbacherallee und eine Quasi-Dependance bei der »Reichsvereinigung der Juden« Bezirksstelle Hessen/Hessen Nassau im Hermesweg 5-7. Weitere Diensträume befanden sich in der Straße Oberlindau 5 in Frankfurt am Main. Außendienststellen gab es in Wiesbaden, Wetzlar und Limburg. Um die Zusammenarbeit mit der Wiesbadener Abwehrstelle der Wehrmacht zu intensivieren, wurde ab Januar 1937 die Spionageabwehr der dortigen Außendienststelle der Gestapo ausgebaut. Die Auslandsbriefprüfstelle der Wehrmacht am Zoo wurde auch der Frankfurter Gestapo unterstellt, ebenso die Zweigstelle Frankfurt des Forschungsamtes der Luftwaffe, welches im Wesentlichen für das Abhören der Telefonate verdächtiger Personen zuständig war.

Mit der Ernennung des Leiters der Frankfurter Gestapo, Reinhard Breder, zum Kommandeur der Sicherheitspolizei Hessen im März 1945 zog sich die Gestapo aus Frankfurt zurück. Als Ausweichquartier wurde zunächst das »Arbeitserziehungslager« in Hirzenhain genutzt. Da es zu diesem Zeitpunkt jedoch noch als solches betrieben wurde, befahl der SS-Oberführer Trummler dem Chef der Frankfurter Gestapo am 22. März 1945 das Lager zu räumen. Einige Tage später wurden die Insassen des »Arbeitserziehungslagers« am Waldrand nahe Glashütten durch die Gestapo ermordet. Das Kommando zog über Alsfeld weiter nach Seeburg bei Göttingen, wo es sich am 3. April 1945 vermutlich auflöste.