In der Übersetzung des aus dem Lateinischen stammenden Wortes »Kriminalität« (lat.: crimen) spiegelt sich die Problematik wieder, die die Nutzung des Begriffes als feste Kategorie unmöglich zu machen scheint (oder unmöglich macht). Beschuldigung und Schuld – dies sind zwei der Übersetzungen. Beide beziehen sich auf ein und denselben Begriff, gehen aber von zwei verschiedenen Sachverhalten und Perspektiven aus. Kriminalität als feste Kategorie, mit der die verschiedensten »Straftaten« beschrieben werden, fasst zu kurz und ist als Kategorie zu abstrakt, um die Phänomene, die hinter Handlungen stecken, zu beschreiben. Personen und ihre Handlungen, die als kriminell beschrieben werden, werden kriminalisiert. Es geschieht eine Zuschreibung oft aufgrund von Merkmalen, die den Sachverhalt der Tat nicht beschreiben und ihn verkürzen. Somit wird die Verantwortlichkeit alleine in die Obhut der Person gedrängt, die die Handlung begangen hat.
»Im gesellschaftlichen Wissen über ›Verbrechen und Strafen‹ geht es auch darum, bestimmte Phänomene der Verstehbarkeit zu entziehen. Bestrafen und Ausschließen kann man am leichtesten, wenn man über die Menschen und die Handlungen, um die es geht, möglichst wenig weiß. Das Geschehen oder die Person wird damit unverständlich und unverstehbar gemacht, kann aber ›erklärt‹ werden.«
Deshalb ist es unumgänglich, die Normen, an denen wir »kriminelles« Verhalten festmachen, zu hinterfragen. Auch die Kontrollinstanzen, die Verhalten als kriminell festlegen, müssen kritisch betrachtet werden, um die Hintergründe dieser Festschreibung als nicht feste Kategorien erfahrbar zu machen. Denn auch »Recht« und »Gesetz« sind Kategorien, deren Auslegungen sich im Wandel befinden und die sich zu gesellschaftlichen Veränderungen verhalten. Was noch bis vor wenigen Jahren als strafbar festgemacht wurde, befindet sich heute nicht mehr im Katalog der Handlungen, die als kriminell definiert werden.
Quelle: Vgl. Steinert, Heinz und Cremer-Schäfer, Helga: »Straflust und Repression: Zur Kritik der populistischen Kriminologie« (1998)